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Vom Raureif und Raueis zum Haareis

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Das ist ein bezahlter Beitrag mit kommerziellem Charakter. Text und Bild wurden von der Firma Muster AG aus Musterwil zur Verfügung gestellt oder im Auftrag der Muster AG erstellt.

In den Monaten Dezember bis Februar wünscht man sich auch in den Niederungen gelegentlich eine geschlossene Schneedecke, damit da und dort eine winterliche Stimmung aufkommen kann. Das ist offensichtlich in diesem Winter nicht der Fall.

Es gibt aber durchaus noch andere Zeichen, die uns mitteilen, dass es Winter ist. Da ist zum Beispiel der Raureif zu erwähnen, der eine ganze Landschaft «verzuckern» kann. Die meteorologischen Voraussetzungen dafür sind winterliche Hochdrucklagen mit kalter Luft aus polaren oder arktischen Gebieten. Die Temperaturen sinken dabei in der Nacht auf –5 bis –10  Grad Celsius. Die Luftfeuchtigkeit sollte mindestens 90  Prozent relative Feuchte betragen. Das ist bald einmal erreicht, wenn man bedenkt, dass es in kalter Luft nur wenig Wasserdampf braucht, damit die Luft zu 100  Prozent gesättigt ist.

Bei einer Temperatur von 0  Grad Celsius kann die Luft maximal 4,8 Gramm Wasserdampf pro Kubikmeter aufnehmen, bis sie gesättigt ist. Bei –5  Grad liegt die Sättigungsfeuchte bei 3,3 Gramm Wasserdampf und bei –10  Grad bei etwa 2,3 Gramm Wasserdampf pro Kubikmeter Luft. In dieser gesättigten Kaltluft braucht es dann nur noch ein paar Kristallisationskeime, damit Wasserdampf, ohne flüssige Phase, direkt aus der Luft zu Eis gefriert.

Mit wunderschönen sechskantigen oder sechszähnigen Eiskristallen bilden sich Nadeln oder Plättchen. In der Umgangssprache nennt man diesen Vorgang Sublimation. Physikalisch genauer wäre die Bezeichnung Deposition. Der Vorgang verläuft sehr langsam. Kristallisationskeime gibt es in der Natur genügend, in Form von Blättern, Ästen, Gräsern, Pflanzen, Gartenhägen und so weiter. Der Raureif, der sich dabei bildet, verzaubert eine ganze Gegend.

Unterkühlte Wassertropfen

Für die Bildung von Raueis braucht es etwas andere Voraussetzungen. Raueis bildet sich in kalten Nächten, bei Temperaturen von –2 bis –5  Grad Celsius und relativ dichtem Nebel. Der Nebel besteht aus winzigen, aber flüssigen Wassertröpfchen. Diese Tröpfchen können in reiner Form bis weit unter dem normalen Gefrierpunkt von 0  Grad Celsius flüssig bleiben. Man spricht von unterkühlten Wassertröpfchen.

Jetzt braucht es auch wie- der Kristallisationskeime, wie beim Raureif. Die Wassertröpf-chen gefrieren dann mit grosser Geschwindigkeit. Sie können beim Anfrieren auch Luft einschliessen, darum ist das gebildete Raueis körnig und undurchsichtig. Wenn bei solchen Bedingungen noch Winde wehen, zum Beispiel bei uns die Bise, dann bilden sich an Gartenhägen oder senkrechten Pflanzen schöne Eisfahnen, die sich immer gegen den Wind ausrichten. Ohne Wind gäbe es keine Fahnenbildung. Die Eiskörner würden gleichmässig um die Äste und Pflanzen oder andere Gegenstände wachsen. An exponierten Lagen können Eislasten an den Bäumen und anderen Pflanzen so schwer werden, dass ganze Äste abbrechen oder Pflanzen zu Boden gedrückt werden.

Engelshaar auf Totholz

Was versteht man nun unter Haareis? Haareis bildet sich in schneefreien Wintertagen, bei Temperaturen knapp unter 0  Grad Celsius und einer hohen Luftfeuchtigkeit. Streift man an solchen Tagen durch einen Laub- oder Mischwald, dann kann man auf abgestorbenen Holzoberflächen, sogenanntem Totholz, plötzlich weisse Haarbüschel entdecken. Sie können lockig gebogen oder auch ganz gerade sein, fast wie Engelshaar, manchmal sogar mit einem Scheitel. Der Durchmesser der feinen Eishaare bewegt sich zwischen einem Zehntel- und einem Hundertstelmillimeter, und die Länge erreicht zehn und mehr Zentimeter.

Berührt man Haareis mit den warmen Händen, schmilzt es sofort weg. Es handelt sich also tatsächlich um Eis, das aus einem Stück morschem und feuchtem Holz wächst. Schon 1917 vermutete man, dass das Haareis möglicherweise ein biologisch-physikalisches Phänomen sei, das heisst, dass eine oder mehrere flächenförmige Pilzarten auf dem Holz eine wichtige Rolle spielen könnten.

Eine biophysikalische Studie der beiden Forscher Gerhart Wagner (Biologe) und Christian Mätzler (Physiker) bestätigte 2008 diese Vermutung. Sie konnten aufzeigen, dass die Entstehung des Haareises durch winteraktive Pilze wie zum Beispiel den goldgelben Zitterling oder den Drüsling ausgelöst wird. Die Pilze zersetzen die noch vorhandene Zellulose, das Kohlenhydrat als Baustoff im Totholz. Bei dieser Zersetzung, man nennt sie auch Dissimilation, entsteht eine Mischung von Kohlendioxid und Wasser plus Wärme. Dieses Gemisch tritt aus den Poren des Holzes aus. In der kalten Umgebungsluft gefriert das Wasser sofort zu Eis.

Weil zugleich die Luft in Bodennähe mit Feuchtigkeit gesättigt ist, wächst das Haareis von der Basis her und bildet keine Verästelung, wie das bei den Nadeln des Raureifs beobachtet werden kann. Das Wachstum des Haareises hält so lange an, bis der Gas- und Wasserdruck vom Innern des Holzes nachlässt – und das hängt letzten Endes von den Pilzaktivitäten ab.

Wagner und Mätzler bewiesen die Pilztheorie, indem sie ein schwaches Fungizid, eine pilzabtötende Chemikalie, über das morsche Holzstück versprühten. Das Wachstum des Haareises blieb tatsächlich so lange aus, bis das Fungizid abgebaut war. Damit konnte eindrücklich gezeigt werden, dass Haareis tatsächlich aus der Kombination eines biologischen und eines physikalischen Prozesses entsteht.

Mario Slongo ist ehemaliger DRS-Wetterfrosch. Einmal im Monat erklärt er in den FN spannende Naturphänome­­­­ne. Weitere Beiträge unter: www.freiburger-nachrichten.ch, Dossier «Wetterfrosch».

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