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Pensionskassen-Reform soll jungen Frauen helfen – Warum sind Samira Marti und Lisa Mazzone trotzdem dagegen?

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Frauen haben im Alter deutlich weniger Rente als Männer. Die aktuelle Pensionskassenreform hätte diesen Pension-Gap reduzieren sollen. Gewerkschaften, SP und Grüne haben das Referendum dagegen ergriffen. Grünen-Präsidentin Lisa Mazzone und SP-Fraktionschefin Samira Marti erklären, wieso die Reform nicht hält, was sie verspricht.

Frau Mazzone, Parteikollegin und Ständerätin Maya Graf sagt, die Pensionskassenreform sei ein Meilenstein für die Frauen und deren Altersvorsorge. Warum kämpfen Sie als Spitzen der linken Parteien dagegen?

Lisa Mazzone: Die Reform hält nicht, was sie verspricht. Frauen – und Männer – müssen mehr bezahlen für weniger Rente. Gerade über 50-Jährige erhielten weniger Rente. Das ist schlicht nicht, was wir uns für Frauen kurz vor der Pensionierung wünschen. Deswegen haben die Grünen klar entschieden, das Referendum zu unterstützen.

Indem Personen mit tiefen Einkommen mehr sparen während des Erwerbslebens, können sie ihre Renten aufbessern. Davon profitieren gerade junge Frauen, die heute teilweise nicht oder nur schlecht versichert sind.

Mazzone: Auch für die Jungen lohnt sich die Reform nur bedingt. Ab einem ersten Lohn von etwa 4000 Franken im Monat würden sie mit der Reform höchstwahrscheinlich weniger als nach heutigem System erhalten, wenn man die Alterslohnentwicklung berücksichtigt. Das ist nicht im Interesse dieser Frauen.

Wieso? Frauen haben heute eine deutlich schlechtere Altersrente als Männer. Nicht wegen der AHV. Sie haben kleinere oder überhaupt keine Pensionskassenrenten. Jetzt besteht die Chance, da endlich aufzuholen.

Samira Marti: Das stimmt nicht. Vor zwei Jahren hat man das Frauenrentenalter erhöht. Damals wurde den Frauen versprochen, ihre Pensionskassenrenten zu verbessern. Dieses Versprechen wurde gebrochen. Die Senkung des Umwandlungssatzes führt zu Rentenkürzungen von bis zu 3200 Franken pro Jahr, während die Versicherten mehr Lohnbeiträge bezahlen müssen. Diese Rechnung geht nicht auf, wenn das Leben gleichzeitig immer teurer wird.

Die Reform wirkt sich je nach Lohn und Alter sehr unterschiedlich aus. Klar ist: Dank des tieferen Koordinationsabzugs sind grössere Teile des Lohnes versichert. Die PK-Renten steigen dadurch um bis zu 4300 Franken pro Jahr.

Marti: Der starre Koordinationsabzug gehört reformiert, das ist unbestritten. Allerdings bieten bereits heute 90 Prozent der Pensionskassen Teilzeitlösungen an. Die Renten der Frauen sind trotzdem viel zu tief. Der Grund: Frauen leisten jedes Jahr für 200 Milliarden Franken unbezahlte Sorgearbeit, die nicht versichert ist. Wir brauchen Betreuungsgutschriften auch in der beruflichen Vorsorge.

Samira Marti, Fraktionschefin SP.
Bild: Claudio Thoma

Das sind zwei Paar Schuhe. Wir haben jetzt die Möglichkeit, mehrere Hunderttausend Frauen fürs Alter besser abzusichern. Die Frage der Anrechnung der Care-Arbeit steht nicht im Raum.

Mazzone: Die Zahlen zeigen: Frauen mit tiefen Einkommen erreichen mit der Vorlage kein höheres Einkommen im Alter. Was sie zusätzlich ansparen, wird dafür bei den Ergänzungsleistungen gekürzt. Mit dem Unterschied, dass sie durch das Zwangssparen mehr von ihrem Lohn abgeben müssten. Dieses Geld brauchen die Frauen aber heute für Lebensmittel, Mieten oder die Krankenkasse.

Marti: Wir haben uns für eine ausgeglichene Reform eingesetzt, die Teilzeitarbeitende besser versichert und für alle die Rentenleistungen garantiert. Doch dieser Kompromiss ist gescheitert. Der zentrale Bestandteil der Abstimmungsvorlage ist nicht der Koordinationsabzug, sondern die Senkung des Umwandlungssatzes, der bestimmt, wie hoch die Rente sein wird. Das führt für alle Versicherten zu tieferen Renten, Frauen wie Männer. Die Kosten für eine 50-jährige Gärtnerin mit einem Einkommen von 4500 Franken steigen pro Monat um 147 Franken. Das sind bis zur Pensionierung rund 20’000 Franken, die zusätzlich in die Pensionskasse fliessen. Ihr Lohn ist zwar besser versichert. Die Rente wird aber trotzdem um 8 Franken pro Monat gekürzt. Schuld ist die Senkung des Umwandlungssatzes.

Die Reform hat Mängel: Gerade bei dieser Altersschwelle gibt es Verliererinnen und Verlierer. Doch der tiefere Umwandlungssatz wird mit Rentenzuschlägen bis 200 Franken pro Monat kompensiert, die sind solidarisch finanziert. Gemäss Berechnungen Bass Basel würden trotzdem 359’000 Personen besser versichert …

Mazzone und Marti (gemeinsam): Die Zahl stimmt nicht.

Mazzone: Darin sind einerseits die Ergänzungsleistungen nicht berücksichtigt, die für die Betroffenen wegfallen. Und andererseits sind auch die Lohnentwicklung und die Lohnbeiträge nicht abgebildet.

Lisa Mazzone, Präsidentin Grüne.
Bild: Claudio Thomae

Marti: Eine Person, die neu 200 Franken zusätzlich einzahlen muss und dafür 100 Franken mehr Rente erhält, zählt in dieser Studie als Gewinnerin. Es können alle selbst beurteilen, ob dieses Preis-Leistungs-Verhältnis für sie stimmt.Mazzone: Die Vorlage zwingt Menschen zum Sparen, welche die finanziellen Ressourcen dafür nicht haben. Dadurch fliesst noch mehr Geld in die Pensionskassen, die Banken können noch mehr Geld anlegen – und die Finanzwirtschaft sackt die hohen Gebühren ein.

Anpassungen sind nötig, weil wir immer älter werden und für diese zusätzliche Lebenszeit die Renten finanzieren müssen. Ausserdem blenden Sie aus, dass die Coiffeuse ihre Vorsorge nicht allein finanziert. Jeder Franken, den sie einzahlt, wird vom Arbeitgeber verdoppelt. Letztere werden bis zu 1,5 Milliarden Franken für die Vorsorge ihrer Mitarbeitenden neu einzahlen.

Marti: Selbst wenn wir das einrechnen, lohnt es sich nicht. Das zeigt exemplarisch die Pensionskasse Proparis, die 70’000 Beschäftigte aus dem Gewerbe wie Gärtnerinnen, Coiffeure, Floristinnen und Metzger versichert. Bei den Coiffeusen über 50 ist es besonders krass: 80 Prozent erleiden massive Einbussen von bis zu einem Drittel ihrer Rente.Mazzone: Es sind einzig die Jungen mit Löhnen von rund 3000 Franken, die mit der Reform eine minimal bessere Rente erhalten würden. Aber die Perspektive ist stossend: Sie sollten doch nicht ein Leben lang so wenig Geld verdienen.

Genau. Die Debatte ist ein Schattengefecht. Das Problem sind die tiefen Frauenlöhne, die fehlenden Betreuungsstrukturen, die fehlenden steuerlichen Anreize für Frauen zu arbeiten – nicht das BVG. Die berufliche Vorsorge muss gegenüber den Familienmodellen neutral sein.

Marti: Damit blenden Sie den wesentlichsten Aspekt dieser Vorlage aus: die Folgen des tieferen Umwandlungssatzes. Diese Reform entstand in einem historischen Tiefzins-Umfeld, wo gewisse Pensionskassen die Rentenversprechen nicht mehr halten konnten. Das führte zu einer Umverteilung der Pensionskassengelder von jung zu alt, die man über einen tieferen Umwandlungssatz stoppen wollte. Das ist heute anders. Die Zinsen steigen, die Rendite liegt deutlich über dem 10-Jahres-Mittel. Das Problem ist nun weitgehend behoben. Sogar die Branche selbst sagt, es gehe den Pensionskassen finanziell hervorragend. Sie denken gar über einen Leistungsausbau nach.

Mazzone: Und die Senkung des Umwandlungssatzes betrifft alle Renten, auch wenn stets betont wird, betroffen seien nur rund ein Drittel aller Erwerbstätigen. Betroffen sind nicht nur jene, die nahe am obligatorischen Minimum versichert sind. Denn die Reform gibt allen Pensionskassen mehr Spielraum für weitere Kürzungen. Zu was das geführt hat, sehen wir jetzt: Sie haben den Umwandlungssatz im Überobligatorium massiv gesenkt.

Was ist denn die Alternative? Wie lösen wir das Problem des Pension-Gaps

Marti: Zuerst müssen die Renten endlich der Teuerung angepasst werden. Das wurde der Bevölkerung schon in den 1970er- Jahren versprochen. Mit einer Inflation von 1,5 Prozent sinkt der Wert der Rente in zwanzig Jahren um einen Viertel. Und für die Frauen braucht es Betreuungs- und Erziehungsgutschriften.Mazzone: Diese Gutschriften sind der Grund, wieso die AHV-Renten für die Frauen so viel besser sind als in der Pensionskasse. In der AHV wird die unbezahlte Arbeit der Mütter versichert. Denn der Pension-Gap ist in erster Linie ein Mütter-Gap. Der Rentenunterschied zwischen Müttern und Vätern liegt bei 42 Prozent. Da müssen wir ansetzen.

Es geht um die berufliche Vorsorge, sie ist an einen Arbeitgeber gekoppelt.

Marti: Die Illusion, dass die Arbeitswelt nichts mit der Familienarbeit zu tun hat, ist ziemlich veraltet. Die Care-Arbeit ist die Grundlage für jede unternehmerische Leistung. Ohne sie würde die Wirtschaft zusammenbrechen.

Für die beiden Politikerinnen Lisa Mazzone und Samira Marti ist die Pensionskassenreform in erster Linie ein Leistungsabbau.
Bild: Claudio Thoma/www.claudiothoma.com

Die deutsch-französische Feministin Emilia Roig verlangt die Abschaffung der Ehe. Weil sie sagt, Emanzipation beginnt bei der intimsten Struktur. Damit Care-Arbeit die nötige Anerkennung erhält, müsste bei Paaren mit Kindern jener Teil der Erwerbsarbeit leistet den anderen Teil entlöhnen.

Mazzone: Die familiäre Rollenverteilung ist heute oft keine freie Entscheidung. Sie ist sehr stark abhängig von den Rahmenbedingungen, die von der Politik gesetzt sind. Das beginnt schon bei der fehlenden Elternzeit nach der Geburt, wo die Rollenverteilung verankert wird. Es geht weiter mit den tiefen Pensen der Frauen, den fehlenden Kita-Plätzen und Tagesschulen. In der Schweiz sind diese Rollen fest verankert.

Das ist doch der Punkt: Die Rahmenbedingungen stimmen nicht. Die berufliche Vorsorge löst doch diese Probleme nicht.

Marti: Aber wir können auch nicht ausblenden, welche Erwerbsbiografen heute existieren. Es ist eine Tatsache, dass viele über 50-jährige Frauen ein Leben lang Teilzeit gearbeitet haben, viel Arbeit zu Hause leisteten und mit dieser Reform mit massiven Renteneinbussen rechnen müssen. Ihnen bringen mehr Kita-Plätze herzlich wenig, ihre Kinder sind unterdessen erwachsen. Wir sind aber nicht bereit, diese ganze Generation, Frauen wie Männer, im Stich zu lassen, nur um für die jungen Frauen mit sehr tiefen Einkommen eventuell in einem halben Jahrhundert minimale Rentenverbesserungen zu erreichen. Das ist alles andere als feministisch.

Wer wenig verdient, wäre künftig nicht nur im Alter versichert. Die berufliche Vorsorge versichert Berufstätige und ihre Familien auch gegen Invalidität und Tod.

Mazzone: Ja. Die Vorlage ist aber im Wesentlichen ein Leistungsabbau, die meisten Menschen erhalten durch die Reform weniger Rente. «C’est l’arbre qui cache le forêt.» Ein paar positive Aspekte können die grossen Nachteile nicht überdecken …

Marti: … und damit landen wir wieder bei der EL.Mazzone: Genau. Was möglicherweise zusätzlich von der Rente gedeckt wird, fällt dann bei den Ergänzungsleistungen weg. Das ist ein Nullsummenspiel mit hohen Kosten während des Erwerbslebens.

Das ist jetzt nicht redlich. Während der AHV-Abstimmung wurde die EL als Notgroschen verteufelt. Es sei unwürdig, EL beziehen zu müssen.

Marti: Der Unterschied ist, dass die 13. AHV-Rente nicht dazu führt, dass die EL gekürzt wird. Das steht in der Verfassung.

Die Reform soll Frauen von der Abhängigkeit von Ergänzungsleistungen befreien, damit sie wirtschaftlich auf eigenen Beinen stehen.

Mazzone: Das werden sie mit dieser Reform aber nicht schaffen. Viele werden weiterhin EL beziehen, halt einfach weniger.

Ja, aber es ist ihr Geld, ihr eigenes Kapital. Viele Frauen haben im Alter heute nichts. Diese Abhängigkeit gilt es aufzulösen.

Mazzone: Es ist Geld, das den Frauen jeden Monat fehlen wird.

Das ändert die Pensionskassenreform

Die Reform der beruflichen Vorsorge hat zwei Ziele: Die Finanzierung der Pensionskassenrenten stabilisieren und die Vorsorge an die gesellschaftlichen Entwicklungen anpassen, um auch Teilzeitpensen und tiefere Löhne besser zu versichern. Hintergrund der Reform ist die steigende Lebenserwartung. Die Rente muss für einen längeren Zeitraum hinhalten und das angesparte Alterskapital auf immer mehr Jahre verteilt werden. Das Gros der Pensionskassen hat die Arbeit gemacht. Nur für rund 15 Prozent der Erwerbstätigen, die im Obligatorium versichert sind (mit einem Lohn bis 88’200 Franken), hat die Reform Folgen. Denn der gesetzlich festgelegte Umwandlungssatz im Obligatorium wird von 6,8 auf 6 Prozent gesenkt. Weil er die Höhe der Rente bestimmt, sinkt diese in der Folge. Diese Einbussen werden aber kompensiert. Einerseits wird der Sparprozess gestärkt: Die Eintrittsschwelle in die PK sinkt von 22’050 auf 19’845 Franken. Der fixe Koordinationsabzug wird durch einen flexiblen Abzug von 20 Prozent ersetzt, wodurch gerade tiefe Löhne deutlich besser versichert sind. Gleichzeitig wird die Altersdiskriminierung abgeschafft, indem die Altersgutschriften ab 45 Jahren nicht mehr steigen. Für die Übergangsjahrgänge ab 50 Jahren sind zudem solidarisch finanzierte Rentenzuschüsse von bis zu 200 Franken pro Monat vorgesehen, weil sie nicht mehr so viel Zeit haben, um zusätzliches Alterskapital anzusparen. Personen, die heute schon PK-Renten beziehen, sind von der Reform nicht betroffen.

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