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Infantinos Bauernopfer: Für dieses Bild bezahlt ein Fifa-Mitarbeiter teuer

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Die Welt rätselt bis heute: Was hat Starkoch Salt Bae nach dem WM-Final auf dem Rasen verloren? Warum darf er den Pokal in den Händen halten und mit den Argentiniern feiern? In dieser Geschichte decken wir die Hintergründe dieses Skandals auf. Was dabei auch ans Licht kommt: ein düsteres Sittenbild der Fifa. 

Diese Geschichte zeigt, wie gnaden- und erbarmungslos die Fifa sein kann. Diese Geschichte deckt auf, wie oberflächlich und eitel die Fifa-Spitze ist. Diese Geschichte zeichnet ein finsteres Sittenbild, das so gar nicht mit Begriffen wie Respekt, Fairness und Toleranz korrespondiert, die der Weltfussballverband beinahe inflationär proklamiert. Diese Geschichte handelt vom kürzlich entlassenen Mitarbeiter Ersan Gökay. Er sagt: «Die Fifa wollte mich zerstören.»

Ersan Gökay, 39, Deutscher, das jüngste von fünf Kindern von türkischen Migranten, geboren und aufgewachsen in Detmold, einer Kleinstadt zwischen Bielefeld und Paderborn.

Ersan Gökay.
Bild: zvg

Gökay ist ein talentierter Fussballer und ein guter Schüler. Nach dem Abitur studiert er in Jena internationales Management mit Fokus auf Finanzen. 2015 kommt er in die Schweiz, arbeitet für SR Technics in der Finanzabteilung. Zwei Jahre später wechselt er als Event Controller zur Fifa. Ein Traum geht in Erfüllung. Fussball und Zahlen, seine beiden Leidenschaften. Und das in einem weltumspannenden Unternehmen.

Als wir uns treffen, erschrecke ich. Aus unserem bislang einzigen Treffen bei einem Plausch-Fussballspiel zwei Jahre zuvor habe ich einen dynamischen, durchtrainierten Mann in Erinnerung. Nun ist er füllig geworden. «Medikamente, Depression, Schlaflosigkeit, Ängste, ungesundes Essen, wenig Bewegung und mehr Alkohol als sonst», erklärt er. «Aber ich bin auf dem aufsteigenden Ast.»

Katar 2022: Die WM der skurrilen Vorfälle

Gökays Geschichte hat ihren Ursprung im WM-Final von Katar. Nach dem Spiel sehen wir Bilder, wie der Starkoch Salt Bae auf dem Feld mit den argentinischen Spielern feiert und sogar den Pokal in den Händen hält. Nicht normal. Aber was war an dieser WM schon normal? Etwa das Verbot der Regenbogen-Captainbinde? Die Ausbeutung auf den WM-Baustellen? Gianni Infantinos skurrile Rede («heute bin ich schwul, heute bin ich …»)? Oder, wie Lionel Messi vor der Siegerehrung von Katars Emir ein traditionelles Gewand umhängt wurde?

Dass es der Kurde Salt Bae schafft, mit den argentinischen Weltmeistern auf dem Platz zu feiern, ist zweifellos Gökays Fehler. Dafür bezahlt der Fifa-Mitarbeiter mit seinem Job, mit seiner Reputation und seiner Gesundheit. Andere wie Fifa-Präsident Gianni Infantino oder die damalige Generalsekretärin Fatma Samoura, denen Gökay für diese Episode eine Teilschuld zuschreibt, kommen ungeschoren davon.

Doch der Reihe nach. Gökay reist mit dem Auftrag zur WM 2022, von der Fifa geladene Fussballer-Legenden zu betreuen. Während die Spitze in zentral gelegenen Fünfsterne-Hotels untergebracht ist, residiert er 30 Minuten ausserhalb von Doha in einem schmuddeligen Gebäude, in dem Mäuse und Ratten häufig gesehene Gäste sind. Das drückt zwar auf die Motivation. «Aber was solls», sagt sich Gökay. WM gibt es nur alle vier Jahre. Ausserdem wird er 2023 bei der Frauen-WM in Australien und Neuseeland eine andere Rolle haben – jene des Finanzprojektleiters.

Der Sohn der Generalsekretärin feiert Partys in der Fifa-Suite

Beim Vorrundenspiel zwischen Argentinien und Saudi-Arabien lernt Gökay Samba Samoura kennen, den Sohn der Fifa-Generalsekretärin. Die beiden freunden sich an und verabreden sich zu einem Essen in Salt Baes Restaurant Nusr-Et. Später erhält Gökay per Whatsapp wiederholt Nachrichten von Samoura, der ihn in seine Suite im «Fairmont» zu Partys einlädt, manchmal auch mit russischen Frauen. Selbst wenn Gökay wollte: Ihm ist klar, dass er nicht mal bis zur Etage von Sambas Suite vorgelassen wird. Wobei, Sambas Suite? Ist es nicht eher die Suite seiner Mutter?

«Es ist normal, dass die Generalsekretärin Zimmer für Familienangehörige auf Kosten der Fifa buchen darf», sagt Gökay. Aber Samoura war das «Fairmont» nicht recht. Sie zog in eine Suite im «4 Seasons». Also hatte ihr Sohn im «Fairmont» nicht nur ein Zimmer, sondern auch eine Suite zur Verfügung. Gokay meint: «Stellt das nicht einen Verstoss gegen die Compliance-Regeln wie etwa Missbrauch von Vermögenswerten dar?»

Der Streifzug mit Samba hat zur Folge, dass Fatma Samoura ihren Mitarbeiter Gökay kurzfristig bittet, am Abend vor dem Final ein Familienessen im Nusr-Et zu organisieren. Da Salt Bae ein Freund Infantinos ist und sich nach nichts anderem so sehr sehnt wie Selfies mit Super-Promis, beschert er der Generalsekretärin einen wundervollen Abend, bleibt lange am Tisch sitzen. Gökay, der als Übersetzer agiert, macht erstmals Bekanntschaft mit Salt Bae.

Für den nächsten Tag offeriert Infantino Salt Bae ein VVIP-Final-Ticket. Der frühere Metzger in der heiligen Zone, in der sich Infantino & Friends tummeln – Staatsoberhäupter, Weltmeister von gestern, Sponsoren. Nach dem Schlusspfiff sucht Salt Bae die Nähe zu Gökay und fragt ihn: «Hey, mein Freund. Du weisst doch, dass ich ein grosser Argentinien-Fan bin. Kannst du mich zu den Spielern runterbringen, damit ich meinem Freund Messi gratulieren kann?»

Gökay sagt: «Dazu habe ich keine Berechtigung. Was du von mir willst, kann ich nicht tun.» Salt Bae: «Hey, erinnerst du dich an gestern Abend? Ich habe dir geholfen, damit du den Wunsch der Generalsekretärin erfüllen konntest.» Gökays Zwiespalt wächst. Auch weil er befürchtet, Salt Bae könnte sich bei seinem Freund Infantino über ihn beschweren. Also sagt er: «Dann komm mit, ich bringe dich in den Spielertunnel. Aber nicht weiter. Und du bleibst bei mir.»

Gökays zweiter folgenschwerer Fehler: Ein Selfie auf dem Rasen

Unten angekommen, macht er den nächsten Fehler. Gökay bittet Salt Bae, kurz auf ihn zu warten, weil er auf dem Platz ein Selfie machen will. Als er nach zwei, drei Minuten zurückkommt, ist Salt Bae verschwunden. Gökay denkt sich nichts dabei. Schliesslich kommt keiner ohne gültige Akkreditierung an den Securitys zwischen Spielertunnel und Spielfeld vorbei. Doch das Erwachen am Tag danach ist ein böses.

Gökay sieht auf Social Media Bilder und Videos davon, wie Salt Bae, der 50 Millionen Follower auf Instagram hat, mit den Argentiniern auf dem Platz feiert. Wie der Typ seine typische Salzstreu-Bewegung mit dem WM-Pokal in den Händen vollführt. «Scheisse Ersan, jetzt kriegst du Ärger», denkt er sich. In einer Mail an Fatma Samoura schildert er den Fall und entschuldigt sich für seinen Fehler.

Kurz darauf ruft ihn Daniel O’Toole, Bürochef des stellvertretenden Generalsekretärs, an, beruhigt und versichert ihm, er werde sich dafür einsetzen, dass die Geschichte keine Konsequenzen für ihn hätte. Er solle in Urlaub verreisen. Und im neuen Jahr würde die Welt bestimmt anders aussehen.

Die Fifa wittert einen Korruptionsskandal

Als Gökay Anfang Januar in sein Büro zurückkehrt, sieht die Welt definitiv anders aus. Er spürt, wie es brodelt. In der zweiten Januar-Woche wird Gökay zu einer Anhörung unter der Leitung von Kimberly Morris, der Fifa-Personalchefin, aufgeboten. «Erst hat mich Kimberly angeschrien: ‹Warum machst du deinen Job nicht richtig.› Und danach hat sie gefragt: ‹Was hat dir Salt Bae bezahlt? Das werde ich dir nie verzeihen.›» Da war Gökay klar: «Die Frau will mich zerstören.»

Weil die Fifa-Spitze vermutet, Gökay hätte sich von Salt Bae bestechen lassen, werden seine Flüge untersucht. Doch die Reise, die am verdächtigsten ist, jene unmittelbar nach der WM von Doha nach Dubai, wo Salt Bae auch ein Restaurant besitzt, hat Gökay schon zwei Monate zuvor gebucht.

Im internen, vertraulichen «Salt Bae Incident Report» vom 24. Januar 2023 heisst es: «Salt Bae wurde von anderen Fifa-Mitarbeitern im Tunnel gesehen, aber niemand reagierte.» Warum eine grosse Sache machen, wenn der Verursacher des Debakels längst gefunden ist?

Die Sanktionen: Verwarnung, Bonus reduziert, keine Auslandreisen

So erhält Gökay am 26. Januar 2023 einen von CFO Thomas Peyer und Andy Korner, dem Direktor für Kultur und Personal, unterschriebenen Brief. Darin heisst es: «Sie sind ein geschätzter Controlling-Experte und ein Teamplayer. Umso überraschter sind wir, von diesem Vorfall mit Salt Bae zu erfahren.

Es mangelt Ihnen deutlich an fundiertem Urteilsvermögen. Obwohl Sie zum Ausdruck bringen, in guter Absicht gehandelt zu haben, hat Ihr Vorgehen zu einem schändlichen Skandal geführt.» Die Sanktionen: Gökay wird offiziell verwarnt. Sein WM-Bonus 2022 wird um 50 Prozent reduziert. Und er darf bis Ende 2026 keine Eventrolle mehr übernehmen. Sprich: Auslandreisen werden nur genehmigt, wenn er ausschliesslich mit einer finanzbezogenen Aufgabe betraut wird.

Als Drahtzieherin hinter den Sanktionen vermutet Gökay Kimberly Morris. «Seit sie Personalchefin ist, haben sich die Arbeitsbedingungen verschlechtert», so Gökay. «An Turnieren dauern unsere Arbeitstage häufig bis zu 14 Stunden. Früher konnte man die Überstunden verrechnen. Doch Morris hat das abgeschafft. Denn sie verfolgt einen Sparkurs. Allein, damit die Fifa ständig neue Büros eröffnen kann und mehr Geld für die ganz oben im Management übrig bleibt.»

Dazu gehört Gökay nicht. Auch wenn ihn die Sanktionen irritieren, schöpft er neuen Mut. Schliesslich steht die WM der Frauen in Australien und Neuseeland an. Sein Baby, sein Projekt, auf das er drei Jahre hingearbeitet hat. Weil er dort als Finanzfachmann vorgesehen ist, sieht er seine Dienstreise nach Ozeanien nicht gefährdet.

«Die Personalchefin will mich rausmobben» – Gökay fällt in eine Depression

Im Februar 2023 fliegt er zur Inspektion nach Australien. Keiner sagt etwas, niemand opponiert. Als die Fifa im Frühling ihre Delegationsliste für die WM der Frauen definitiv bekannt gibt, fehlt Gökays Name. Er denkt erst an einen Fehler, weil sein Name auf früheren Listen drauf war. Er fragt bei seinem Chef nach. Dieser sagt: «Kommt von ganz oben.» Gökay folgert: «Kimberly Morris will mich rausmobben.»

Es ist der Anfang von Gökays Fall in die Depression. Da die Fifa intern nie über die Aufarbeitung des Falls Salt Bae informierte, obwohl 1,5 Milliarden Fernsehzuschauer die Sache mitgekriegt haben, beginnt das Getuschel auf den Fluren des Weltfussballverbands. «Warum bist du an der WM der Frauen nicht dabei?» «Was hast du dir zuschulden kommen lassen?» Steckst du hinter der Salt-Bae-Geschichte? Doch Gökay darf nicht reden. Was den Druck auf ihn nur noch erhöht.

Es beginnt mit schlaflosen Nächten. Als sich die Kolleginnen und Kollegen Ende Juni nach Ozeanien aufmachen, fühlt sich Gökay in Zürich wie in einem engen Verliess. Er schläft kaum noch, der Antrieb nimmt rapide ab, die Lustlosigkeit zu, er zieht sich zurück und spürt, dass etwas nicht mehr in Ordnung ist mit ihm. Erstmals in seinen acht Jahren in der Schweiz sucht er einen Arzt auf. Die Diagnose lautet: Depression und Schlaflosigkeit. Der Arzt verschreibt ihm Antidepressiva und Schlaftabletten und eine Behandlung bei einer Fachärztin, die er bis heute einmal alle zwei Wochen aufsucht.

«Die Tabletten machten mich zum Zombie»

Als seine Kolleginnen und Kollegen im September aus Ozeanien zurückkehren und von ihren Erlebnissen erzählen, geht die Fragerei wieder los. «Warum warst du nicht dabei?» Wieder geht Gökay nicht auf die Fragen ein. «Ich war da, aber nicht mehr bei mir. Die Tabletten machten mich zum Zombie. Ich trieb keinen Sport mehr, traf mich nicht mehr mit Menschen, ass ungesund, habe mehr Alkohol als sonst getrunken. Ich war kaputt.» Aber noch nicht am Ende.

Eine Chance zur Rehabilitation sieht er noch: Gianni Infantino, der Präsident himself, der Boss über allen und über allem. Auch wenn er sich laut Pflichtenheft aus der Administration raushalten sollte. Aber das ist Theorie.

Gökay schleppt sich nur noch zur Arbeit in der Hoffnung auf ein klärendes Gespräch mit Infantino. Sein Büro liegt auf der gleichen Etage wie jenes der Präsidenten. Auch wenn sich dieser nur selten in Zürich blicken lässt, ist Gökay überzeugt, dass seine Chance kommen wird.

Ende Oktober 2023 ist es so weit. Gökay fährt mit dem Lift von der Tiefgarage in die zweite Etage hoch. Als sich die Tür öffnet, steht Infantino ganz allein vor ihm. «Herr Präsident – er kennt zwar nur die Namen seiner engsten Mitarbeiter, aber er wusste, wer ich bin – ich möchte mit Ihnen über ein sehr existenzielles Problem reden, das mich betrifft. Mir geht es nicht gut und es liegt mir sehr am Herzen, dass Sie mir 15 Minuten Ihrer Zeit schenken.» Infantino tut, war er in solchen Situationen immer tut. Er lächelt, versucht jovial zu wirken und sagt: «Natürlich, gehen Sie in mein Büro und lassen sich einen Termin geben.»

Durch die Begegnung mit Infantino schöpft er Zuversicht

Gökay hätte ihn auch anders konfrontieren können: Schliesslich ist es Infantino, der Salt Bae als VVIP zum Final eingeladen hat. Es ist Infantino, der in den sozialen Medien die Nähe zu Salt Bae dokumentiert. Es ist Infantino, der Salt Bae seinen Freund nennt. Aber es ist auch Infantino, der sich nie zu dieser Geschichte geäussert hat. «Das will ich erreichen. Ich will, dass der Präsident irgendwann Stellung nehmen muss zu diesem Fall. Darum kämpfe ich, das steht mir zu. Denn ich wurde zum alleinigen Sündenbock gemacht», sagt Gökay.

Gianni Infantino während einer WM-Partie mit Salt Bae und den brasilianischen Fussball-Legenden Cafu, Ronaldo und Roberto Carlos (von links). 
Bild: Instagram

Durch die kurze Unterredung mit Infantino schöpft Gökay Zuversicht. Endlich hat er die Chance, sich dem Präsidenten gegenüber zu erklären. Und vielleicht, so die Hoffnung, wird Infantino danach etwas geraderücken, was nicht mehr im Lot ist: Gökays Reputation.

Also geht er in Infantinos Büro und meldet, dass ihm der Präsident eben ein 15-minütiges Meeting gewährt habe. «Wie ist Ihr Name?» «Ersan.» «Danke, wir melden uns bei Ihnen.» Seither sind mehr als sechs Monate vergangen. Gökay wartet noch immer auf die versprochene Einladung des Präsidenten.

Doch dann gibt ihm Infantino den Rest

Dass mit Infantino sein letzter Strohhalm wegbricht, nimmt Gökay sein letztes bisschen Antrieb. Am 7. November wird er krankgeschrieben. Die Fachärztin für Psychiatrie, die ihn behandelt, attestiert in einem Schreiben: «Herr Gökay entwickelte schwerste Schlafstörungen, litt unter Ängsten und Schamgefühlen. Er konnte nur zu Hause einigermassen Schutz finden. Nach einer Phase starker Aufregung und innerer Unruhe folgte eine Phase mit Apathie, Antriebslosigkeit und Trauer.

Er ist sich seines eigenen Fehlers bewusst. Gleichzeitig frustriert ihn, wie stark er ausgenutzt und manipuliert worden ist. Herr G entwickelte eine reaktive depressive Symptomatik, welche mit Sertralin behandelt wird. Herr Gökay ist zurzeit nicht arbeitsfähig. Das Verhalten der Fifa (indem sie Herrn G persönlich und beruflich bis heute ignoriert und keine Aussprache möglich macht) macht aktuell eine Rückkehr unmöglich.»

Im Januar 2024 beauftrag Gökay seinen Anwalt, einen Aufhebungsvertrag mit der Fifa auszuhandeln. Die Anwälte der Fifa gehen aber nicht drauf ein. Stattdessen zweifeln sie seine Arbeitsunfähigkeit an.

Die Fifa kündigt ihm während der Sperrfrist

Am 12. März kündigt ihm die Fifa. Und das während der Sperrfrist. Denn der Krankentaggeld-Versicherer bescheinigt ihm erst ab 8. April die volle Arbeitsfähigkeit. Im Kündigungsschreiben steht: «Das Verhalten gegenüber Ihrem direkten Vorgesetzten war ein immer wiederkehrendes Thema. Trotz verschiedener Bemühungen hat sich dies leider nicht verbessert.» Der Vorfall mit Salt Bae beim WM-Final wird dabei nur peripher gestreift. Wir erinnern uns: Am 26. Januar 2023 schrieben seine Vorgesetzten Korner und Peyer: «Sie sind ein geschätzter Controlling-Experte und ein Teamplayer.»

Für Gökay ist mit der Kündigung zur Unzeit eine rote Linie überschritten. Er setzt sich an den Computer und feilt tagelang an einem über 8000 Worte langen Abschiedsmail. Endlich kann er seinen Fall aus seiner Optik darlegen – eine riesige Last fällt von ihm ab. Die Mail verschickt er am 25. April an circa 100 Fifa-Mitarbeiter. Zwei Tage später kündigt ihm Kimberly Morris fristlos, was ihn weder erstaunt noch runterzieht.

Gökay spricht von «psychischer Folter» und will die Fifa vor Gericht ziehen

Die Geschichte ist für Gökay damit nicht zu Ende. Er will die Fifa vor Gericht ziehen. Er will, dass sich Infantino zum «Fall Salt Bae» äussert. Er will, dass Praktiken, wie sie an ihm verübt worden sind, aufhören. Er will Gerechtigkeit für die «psychische Folter».

«Keine Frage, ich habe einen Fehler gemacht», sagt Gökay. «Salt Bae hätte nicht auf dem Rasen stehen sollen. Aber hat dadurch jemand materiell oder physisch Schaden genommen? Nein. Einzig das Ego Infantinos hat vielleicht einen Kratzer bekommen. Klar, die ganze Welt hat meinen Fehler mitgekriegt. Aber bei der Fifa passieren im Verborgenen viel schlimmere Dinge, ohne dass der Fehlbare mit Konsequenzen rechnen muss.»

Die Fifa hat kein Gehör für die Vorwürfe wegen sexuellen Missbrauchs

Dabei erwähnt er Javier Ceppi, seinen Vorgesetzter bei der WM, der Tickets statt an Legenden an seine Bekannten verteilt haben soll, wie Gökay erzählt. Oder er erwähnt den Fall von Ceppis Vorgänger Miguel Macedo. Diesem wurde 2019 sexueller Missbrauch vorgeworfen, was der Fifa nicht verborgen blieb. Trotzdem hielt sich Macedo weitere drei Jahre auf seinem Direktoren-Posten, bis die «New York Times» den Fall publik machte. «Sein Fall wurde intern unter den Teppich gekehrt, weil er ein guter Freund Infantinos war und dem Präsidenten gute Dienste geleistet hat», sagt Gökay.

Übrigens: Infantino soll Salt Bae seit dessen Eskapade nicht mehr auf den sozialen Medien folgen und auch nicht mehr dessen Restaurants besuchen. In der alten Fifa unter Sepp Blatter hätten diese Massnahmen im Fall «Salt Bae» wohl als Konsequenz ausgereicht.

Nun, unter Gianni Infantino, ist der Weltfussballverband bemüht um zeitgemässe Standards. Aber wie diese Geschichte zeigt, auch ziemlich überfordert mit der Aufarbeitung eines Falles, hinter dem man ein korruptes Verhalten eines Mitarbeiters vermutet, dieses aber nicht beweisen kann.

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