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Erste Stunde gratis parkieren – Lösung oder Teil des Problems?

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Am 9. Juni stimmen die Stadtfreiburger über die Initiative «Die erste Stunde Parkieren ist gratis in Freiburg» ab. David Krienbühl (Pro) und Gérald Collaud (Kontra) kreuzen die Klingen.

Die Initiative «Die erste Stunde Parkieren ist gratis in Freiburg» verlangt, dass in der Stadt Freiburg die erste Stunde Parkieren auf öffentlichem Grund – ausser in Bahnhofsnähe – gratis sein soll. Hinter ihr stehen die Künstlerpartei, die Parteien Mitte, FDP und SVP sowie die Gewerbeverbände Afcas und Aicab, Gastro Stadt Freiburg und der TCS. Dagegen sind die SP, die Grünen, Mitte Links – CSP, die Jungen Grünen und die Sozialistische Jugend Freiburg sowie der Verkehrsclub Freiburg (VCS), Pro Velo Freiburg und der Verein Fussverkehr Freiburg.

David Krienbühl ist FDP-Generalrat der Stadt Freiburg und Generalsekretär von Afcas. Er heisst die Initiative gut. Gérald Collaud sitzt für Mitte Links – CSP im Generalrat und lehnt die Initiative ab.

David Krienbühl, was bezwecken Sie mit der Initiative?

Krienbühl: In den letzten Jahren ist ein Besucherrückgang bei einigen Geschäften und Restaurants in der Freiburger Innenstadt festzustellen. Zu erwähnen ist das Einkaufszentrum Pérolles, das an Samstagen 20 Prozent seiner Kundschaft verloren hat. Das ist nicht zu verharmlosen. Die Verlängerung der gebührenpflichtigen Parkzeit Anfang 2023 um eineinhalb Stunden hat das Fass sodann zum Überlaufen gebracht.

Die Initiative ist ein Hilfeschrei der Gewerbler. Sie setzen damit ein Signal gegen die Parkplatzpolitik des Gemeinderates der letzten Jahre.

Gérald Collaud, bereitet Ihnen der rückläufige Geschäftsgang keine Sorgen?

Collaud: Als Gewerbetreibender würde ich mir Sorgen machen. Aber die Ursachen für die Entwicklung liegen sehr wahrscheinlich nicht in der Verkehrspolitik. Das ist ein genereller Trend. Sie können ins Gartencenter Schilliger nach Matran fahren, wo unzählige Parkplätze zur Verfügung stehen, und trotzdem muss das Geschäft schliessen. Oder nach Granges-Paccot, wo sie auch Geschäfte finden, die nicht gut laufen, obwohl es dort Parkmöglichkeiten gibt, die oftmals erst noch gratis sind. Heute wird eben das Meiste online bestellt.  

David Krienbühl, können Sie belegen, dass Sie mit der Initiative bewirken können, was Sie möchten – nämlich mehr Kundschaft?

Krienbühl: Rund 40 Prozent der Kundschaft kommt aus der Stadt. Der Rest sind Kundinnen und Kunden von ausserhalb. Nun hört man aber immer häufiger, dass Letztere nur noch in die Stadt zum Einkaufen oder Essen fahren, wenn es nicht anders geht. Das Image Freiburgs hat sich nach aussen hin massiv verschlechtert. 

Collaud: Das ist genau das Problem, das die Rechte selber kreiert hat. Gerade der Gewerbeverein Afcas hat ständig gesagt, es gibt keine Parkplätze, es gibt Staus in der Stadt, es ist eine Katastrophe. Stattdessen hätte er eine andere Haltung einnehmen und sagen sollen: «Kommt nach Freiburg, es gibt Parkplätze.» Denn es gibt viele private Parkings, die selten voll besetzt sind. 

Krienbühl: Also, die Afcas für den Geschäftsrückgang verantwortlich zu machen, ist nicht sehr seriös…

Collaud: … nein, klar, das ist nur ein Element. 

Krienbühl: Es ist nicht die Afcas, die seit 2017 600 Parkplätze aufgehoben hat, ohne dabei für Ersatz oder Alternativen zu sorgen. Das Problem ist der Gemeinderat, der mit dem Wirtschaftsmilieu nicht mehr im Dialog steht. Dabei sollte er um Kompromisse bemüht sein. Alles ist viel zu extrem geworden.

Dass Sie sich von der Künstlerpartei vor den Karren haben spannen lassen, beruht also vielmehr auf Frustration, als darauf, dass Sie vom Inhalt der Initiative überzeugt sind?

Krienbühl: Es ist nicht eine Frage der Frustration, sondern eine Frage der Realität. Die Gratisstunde ist eine Möglichkeit, um einen Teil der Bevölkerung in die Innenstädte zu locken, die sonst in der Peripherie einkaufen würde. Ein gutes Beispiel dafür ist Sitten. Die Gemeinde hat die Gratisstunde vor rund 15 Jahren eingeführt und konnte so für ein lebendiges Zentrum sorgen und den Abwanderungstendenzen ein wenig entgegenwirken. Dennoch hat dies nicht zu starkem Mehrverkehr in der Innenstadt geführt. Die Stadt muss für alle zugänglich sein, für Auto- und Velofahrer, für Fussgänger und ÖV-Nutzer. Dagegen haben wir nichts. Vielmehr hat Afcas die Umwandlung der Criblet-Gasse in eine Fussgängerzone unterstützt. 

Collaud: Ich bin nicht einverstanden mit der Behauptung, dass es keine Ausgleichsmassnahmen gibt. Ich denke da an die Velostreifen oder an den Ausbau der Busspuren. Das war nur möglich dank der Begrenzung des motorisierten Individualverkehrs. Es gibt noch andere Massnahmen, die realisiert wurden und werden, beispielsweise in der Agglomeration, wo ein Postulat überwiesen wurde, das an Samstagen Bustickets für einen Franken verlangt. Jetzt kommt es darauf an, was der Agglovorstand daraus macht. Im Übrigen ist Ihre Initiative irreführend. Man sagt den Leuten, dass das Parkieren gratis ist. Aber nur auf öffentlichem Grund, wo der Platz schon sehr begrenzt ist. Warum sind die Gewerbetreibenden nicht bereit, ihren Kunden Gratisparkplätze zur Verfügung zu stellen? Wenn Sie von 600 gestrichenen Parkplätzen sprechen, müssen Sie auch von den rund 40’000 existierenden Parkplätzen sprechen. Und zu guter Letzt: Sitten kann nicht mit Freiburg verglichen werden. Die Stadt Freiburg ist gesättigt. Es gibt keinen freien Raum mehr für zusätzliche Parkplätze. Wenn, dann müsste etwas auf Agglomerationsebene getan werden. Die Mitgliedsgemeinden wiederum haben aber überhaupt kein Interesse daran, Parkplätze bei sich zu schaffen. 

Krienbühl: Der Generalrat hat dem Bau eines Verbindungsparkings zwischen der Neustrasse und der St.-Peter-Gasse zugestimmt. Es ist also nicht wahr, dass es keinen Platz für neue Parkplätze mehr gibt.

Collaud: Ja, aber Bauherr ist ein Privater, der seine Arbeit immer noch nicht gemacht hat. Und man kann sich fragen, ob er das Parking nicht realisiert, weil es sich nicht lohnt.

Gérald Collaud: Sie befürchten, dass die Initiative mehr Verkehr in die Stadt bringt. Halten denn gebührenpflichtige Parkplätze umgekehrt den Verkehr ab? 

Collaud: Wenn das Parkieren gratis ist, beeilen Sie sich nicht, um Ihre Einkäufe zu erledigen. 

Im Prinzip bedeutet eine Stunde gratis parkieren auch eine Stunde länger parkieren. Die Initiative bewirkt das Gegenteil von dem, was sie will.

Man möchte Menschen anziehen, die dann erst recht keinen Parkplatz mehr finden.

David Krienbühl, sagt, dass es die Stadt mit ihrer Verkehrspolitik übertrieben hat. Hat die doppelte linke Mehrheit den Bogen überspannt?

Collaud: Nein. Die Menschen haben bloss Mühe, ihre Gewohnheiten zu ändern. Gewohnheiten strukturieren das Leben. Wenn man etwas ändert, ändert dies das Leben der Leute. Jene, die vorher vielleicht mit dem Auto aus Givisiez in die Stadt fuhren, merken, dass es nicht mehr ganz so einfach ist, dass sie vielleicht ein E-Bike kaufen sollten. Änderungen rufen im ersten Moment oft Widerstand hervor. Später aber würde man nicht mehr zurückwollen. 

David Krienbühl, sind Sie mit Ihrer Initiative nicht zeitgemäss?

Krienbühl: Nein, sonst hätten viele Gemeinden mit einer Gratisstunde diese abgeschafft. Der Preisüberwacher hat zudem festgestellt, dass Freiburg sehr hohe Parkplatzgebühren erhebt. Die Initiative ist eine echte Antwort auch auf die Inflation. Die Bürgerinnen und Bürger müssen spüren, dass man schnell einen Blumenstrauss kaufen gehen kann, ohne gleich eine Münze in den Parkometer werfen zu müssen.

Auch ein bisschen populistisch?

Krienbühl: Nein, gar nicht. Aber ich möchte noch etwas zu den Gewohnheiten sagen. Wenn 67 Parkplätze auf der Pérolles-Allee gestrichen werden, verändert man nicht nur Gewohnheiten, das hat auch Konsequenzen. Nämlich, dass das Pérolles-Centre samstags 20 Prozent weniger Kunden hat. Das ist traurig. Ja, ich will Lebensqualität, aber ich möchte nicht, dass Freiburg ein urbanes Ballenberg wird. 

Collaud: Das Pérolles-Centre ist ein typisch schlechtes Beispiel. Im Parking des Einkaufszentrums gibt es stets freie Plätze. Glauben Sie wirklich, dass die Leute, die vorher auf den Parkplätzen der Pérolles-Allee parkiert haben, 20 Prozent der Kundschaft ausmachen?! Das ist nicht möglich. Zur Inflation: Ich bin immer erstaunt, wenn die Leute sagen, dass eine Parkgebühr von zwei Franken pro Stunde zu viel sei. Ich denke, dass die meisten Leute, die sich ein Auto leisten können, auch diese Gebühr aufbringen können. Es ist nun mal so: Der öffentliche Raum hat einen Preis. 

Es gibt aber auch Menschen, die auf das Auto angewiesen sind, um in die Stadt zu kommen. 

Collaud: Sicher. Aber genau für diese Menschen sollen Parkplätze freigehalten werden, indem man die anderen davon abhält, sie unnötig zu besetzen.

David Krienbühl, die Gegner der Initiative führen an, dass es ungerecht ist, wenn die Stadtbevölkerung mit ihren Anwohnervignetten die Parkplätze der Auswärtigen bezahlen. Was sagen Sie dazu?

Krienbühl: Ich frage zurück: Ist es in Ordnung, dass wir bald keinen Bäcker, keinen Metzger, keinen Kiosk mehr haben? Aber ich habe es schon im Generalrat gesagt. Die Initiative wird nicht alle Probleme lösen, sie ist jedoch ein Teil der Lösung. Es braucht weitere Massnahmen, wie ein Parkleitsystem. Freiburg ist die letzte Stadt der Schweiz und Europas, die kein Parkleitsystem hat.

Collaud: Zuerst möchte ich sagen, dass eine Stadt nicht lebendig ist, weil sie viele Autos hat. 

Krienbühl: Das habe ich nicht gesagt, ich möchte, dass die Menschen wieder in die Stadt kommen, um ihre Einkäufe zu tätigen. Ich möchte, dass sie sich die Kantonshauptstadt wieder aneignen. Faktum ist, dass Freiburg trotz allgemeinem Bevölkerungswachstum an Einwohnern verliert.  

Collaud: Weil sie ein Einfamilienhaus auf dem Land wollen.

Krienbühl: Ich möchte keine Stadt, die den Menschen alles verbietet.

David Krienbühl: Sie haben vorhin erwähnt, dass die Initiative nicht alle Probleme löst. Die bürgerlichen Parteien haben im Agglomerationsrat Freiburg und im Grossen Rat die Mehrheit. Wäre es nicht zielführender, auf diesen Ebenen zu handeln?

Krienbühl: Mit der Abstimmung über den TPF-Kredit haben wir gezeigt, dass wir bei der Dekarbonisierung des ÖV vorankommen wollen.

Aber das Parkleitsystem wäre wohl Agglosache. Warum tut sich hier nichts?

Collaud: So viel ich weiss, hatten die privaten Parkhausbetreiber, zumindest früher, kein Interesse an einem solchen System, weil es sie etwas kosten würde. 

Krienbühl: Was früher war, interessiert nicht. Faktum ist: Der Gemeinderat müsste alle Partner an einen Tisch bringen, um die finanziellen Beteiligungen zu klären. Ich möchte aber noch einen anderen Aspekt erwähnen, der für die Initiative spricht. Und zwar die Handwerker, die mit ihren Lieferwagen unterwegs sind und möglichst schnell und unkompliziert ihre Arbeit erledigen müssen. Die Gratisstunde würde ihnen dabei helfen.

Collaud: Das Gegenteil ist der Fall. Die Initiative «Die erste Stunde Parkieren ist gratis in Freiburg» ist Teil des Problems. 

Zum Schluss noch ein Funfact: David Krienbühl, Sie besitzen kein Auto. Wie ist es zu erklären, dass Sie sich so sehr für die Autos starkmachen?

Krienbühl: Ich bin für eine multimodale Verkehrspolitik. Die Wahlfreiheit steht dabei an erster Stelle. Was mich angeht, so spielt sich mein privates und berufliches Leben im Stadtzentrum ab. Daher brauche ich kein Auto. Meine persönliche Situation interessiert aber nicht. Ich politisiere für alle. 

Sie, Gérald Collaud, besitzen dagegen ein Auto. Autos sind für Sie per se kein Problem?

Collaud: Nein. Wir haben entschieden, das Familienauto zu behalten, vor allem wegen meiner drei Töchter, die auch Freunde auf dem Land haben. Wir sind also fünf Personen, die das Auto benutzen. Wenn meine Töchter es brauchen, zahlen sie dafür etwas – nicht, weil ich ein Geizhals bin, sondern, weil für mich Mobilität einen Preis hat. 

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