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Der Joran: Ein Fallwind mit vielen Gesichtern

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In der Schweiz gibt es viele regional-meteorologische Spezialitäten. Ein Beispiel ist der Joran. Dieser Fallwind ist trotz meteorologischer Möglichkeiten teils immer noch unberechenbar.

Der Joran ist ein Fallwind, den man am Jurasüdfuss antrifft. Man spricht aber nur auf einem relativ begrenzten Gebiet zwischen Neuenburg und Biel vom Joran. In den anderen Gebieten des Südjuras, besonders in der Region Solothurn, bezeichnen die Einheimischen diesen Wind als Bergwind. So ist der Joran also eine regionale meteorologische Spezialität mit vielen Gesichtern. Er kann nämlich, als thermisch bedingter «Tagesgang-Wind» (Bergwind), Segler und Surfer auf dem Bieler- und Neuenburgersee erfreuen, indem er sich für den Sport nutzen lässt. Er kann aber bei Gewittern und Kaltfrontaufzügen auch sehr überraschend und heftig auftreten und durch seine Wucht Segler, Surfer und sogar Motorboote in grosse Seenot bringen.

Zerstörerische Kraft

Die zerstörerischen Kräfte, die er dabei entwickelt, konnten die Organisatoren und Teilnehmenden des eidgenössischen Turnfests in Biel vom 13. bis 23. Juni 2013 hautnah erleben. Die Eröffnungsfeier musste abgesagt werden, weil ein besonders heftiger Joran relativ überraschend auftrat. Es war ein heisser Sommertag. Die Temperaturen betrugen am frühen Abend noch 28 Grad Celsius, und dazu wehte ein leichter Südwestwind. Über den Jurahöhen zog die charakteristische Wolkenwalze auf, wie sie vor einem Joran-Einbruch typisch ist.

Charakteristische Böenwalze vor einem Joran-Einbruch.
Bild: SRF Meteo

Der Gewitter-Joran

Meteorologische Untersuchungen zeigen, dass man zwischen «statischem und dynamischem Joran» unterscheiden muss. Der statische Joran wird auch «Gewitter-Joran» genannt. Er entsteht häufig in den Monaten Mai bis Juli. Die Sonneneinstrahlung ist in dieser Zeit sehr intensiv, besonders am Nachmittag und Abend. Das führt zur Erwärmung des Bodens und damit zur Luft über dem Boden. Warme Luft steigt auf, kühlt sich ab und je nach Schichtung der Atmosphäre können sich im Tagesgang Gewitter entwickeln. Die Temperatur am Jurasüdfuss, auf einer Höhe von circa 500 bis 600 Metern über Meer, ist grösser als auf den Jurahöhen, das heisst auf 1200 bis 1600 Metern über Meer.

Statischer Joran oder Gewitter-Joran.
Quelle: SRF Meteo

Auf den Jurahöhen ist die Luft also höhenbedingt immer kühler als in den Niederungen. Dieser Temperatur- und damit auch Druckunterschied zwischen kühler Bergregion und aufgeheizter Luft in den Niederungen wird durch Luftbewegungen ausgeglichen. Damit entsteht der Fallwind von den Jurahöhen zum Jurasüdfuss. Diesen Fallwind nennt man «statischen Joran» oder «Gewitter-Joran». Wenn grosse Gewitterwolken über dem Jura aufquellen, entstehen in den Wolken markante Auf- und Abwinde. Besonders die Abwinde können den Fallwind Joran noch verstärken, sodass er sich auf den Jura-Seen urplötzlich sehr böig und heftig auswirkt.

Er kündigt sich also nicht lange im Voraus an und ist damit sehr anspruchsvoll zu prognostizieren. Es können deshalb kaum verlässliche Sturmwarnungen herausgegeben werden, was Bootsführer, Segler und Surfer in Schwierigkeiten bringen kann. Der statische Joran ist zwar in seiner Entstehung zuerst ein thermisch bedingter Fallwind (Bergwind). Sein imposantes stürmisches und böiges Auftreten verlangt aber viel Respekt. Er erinnert nicht an einen eher lieblichen, wenn auch zügigen Bergwind, wie er in anderen Talschaften in unserem Land, zu Beispiel im Wallis oder im Engadin, wahrgenommen wird.

Der dynamische Joran

Der dynamische Joran ist meistens mit einer Kaltfront verbunden. Wird aus Westen oder Nordwesten (von Frankreich her) eine Kaltfront in den Alpenraum gesteuert, dann folgt dieser Kaltfront polare Kaltluft. Das ist nicht jahreszeitbedingt, das kann in jedem Monat des Jahres der Fall sein. Im Sommerhalbjahr ist es aber dem Jurasüdfuss entlang schon sehr warm. Der Temperaturunterschied zwischen Warmluft in den Niederungen und der polaren Kaltluft in der Kaltfront, die am Jura ankommt, ist dann beträchtlich grösser. Es entsteht ein ausgeprägtes Temperatur- und damit auch Druckgefälle zwischen Jurahöhen und Niederungen. Die Kaltluft fällt wie eine Walze von den Jurahängen herunter und katapultiert die vor ihr liegende feuchte Warmluft in die Höhe. Es können so auf den Juraseen orkanartige und sehr böige Fallwinde mit teilweise auch heftigen Gewittern entstehen.

Dieser «dynamische Joran» kündigt sich meistens mit seiner speziellen Wolkenformation, der oben erwähnten Böen-Walze, an. Das ist zeitlich gesehen maximal eine Stunde vor dem Einbruch des Joran. Wenn der Fallwind aber zum Orkan wird und Windgeschwindigkeiten von 100  bis 120 Stundenkilometern erreicht, was am 13. Juni 2013 beim eidgenössischen Turnfest in Biel der Fall war, dann wird eine Evakuierung von Menschen und Material, in so kurzer Zeit, zu einer fast unlösbaren Herausforderung. Die Folgen damals waren weitgehend zerstörte Zelte und Infrastrukturen. Hier zeigte sich der «dynamische Joran» von seiner hässlichen Seite.

Schäden durch den orkanartigen dynamischen Joran am 13. Juni 2013 in Biel.
Archivbild: Keystone

Von Biel nach Sonceboz fährt man durch die Taubenlochschlucht. Solche Schluchten wirken wie Trichter. Die Luftmassen des von den Jurahöhen herabfallenden Jorans werden in diesen Trichter hineingepresst. Beim Ausfliessen aus dem Trichter bei Biel folgt eine Entspannung des Luftdrucks, und das zeigt sich in einer noch höheren Windgeschwindigkeit.

Es ist interessant, wie wir in unserem kleinen Land nicht wenige meteorologische Spezialitäten aufzeigen können. Der Joran ist so eine regional-meteorologische Spezialität. Er war bis vor wenigen Jahren noch in keiner Wetterkarte zu erkennen. Er fiel buchstäblich durch die Maschen. Mit den heutigen Rechnerkapazitäten und den damit wesentlich verbesserten Wettermodellen kann nun auch der «dynamische Joran» in die regionale Wettervorhersage aufgenommen werden, um damit Gefahren rechtzeitig aus dem Weg zu gehen. Der «statische Joran» bleibt aber nach wie vor eine Knacknuss für die Meteorologen.

Mario Slongo ist ehemaliger DRS-Wetterfrosch. Einmal im Monat erklärt er in den FN spannende Naturphänomene. Weitere Beiträge unter: www.freiburger-nachrichten.ch

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