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Von der Auskunftsperson zum Beschuldigten: Akten müssen angepasst werden

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Ein Beschuldigter verlangt, dass gewisse Unterlagen aus den Akten rund um einen tödlichen Arbeitsunfall gelöscht werden. Das Kantonsgericht gibt ihm teilweise recht.

Das Kantonsgericht Freiburg hat sich kürzlich mit der Beschwerde eines Mannes befasst, der im Rahmen eines Strafverfahrens Rechtsverletzungen geltend macht. Ausgangspunkt dieses Falls ist ein Arbeitsunfall, der sich am 7. November 2022 in Zumholz ereignete: Ein Mann begab sich auf einer Baustelle auf das Dach einer Halle und stürzte durch die Eternitplatten des Vordachs rund neun Meter in die Tiefe. Der 57-Jährige verstarb noch am Unfallort (die FN berichteten).

Im Rahmen des Vorfalls hat die Polizei mehrere Personen einvernommen, auch den Mann, der später die Beschwerde eingereicht hatte. Weil nach Einschätzung der Staatsanwaltschaft nicht genügend Hinweise auf eine Straftat vorlagen, hat sie entschieden, keine Untersuchung zu eröffnen. Gegen diese Nichtanhandnahmeverfügung hat die Witwe des Verstorbenen eine Beschwerde eingereicht.

Ein Rollenwechsel

In der Folge nahm die Staatsanwaltschaft den Fall wieder auf und ermittelte ab August 2023 gegen Unbekannt wegen fahrlässiger Tötung. Im Rahmen dieser Ermittlung eröffnete sie vier Monate später ein Strafverfahren gegen den Beschwerdeführer. Er war also in einer ersten Phase als Auskunftsperson einvernommen worden und hat gegenüber der Polizei zum Beispiel Fragen rund um die Baustelle und die Baustellensicherung beantwortet. In einer zweiten Phase war er Beschuldigter. Er verlangte in der Folge, dass die Protokolle seiner Einvernahmen als Auskunftsperson und sämtliche Dokumente und Aktenstücke, in denen sich seine ganzen Aussagen oder Teile davon befinden, aus den Akten des Falles zu löschen sind. Er argumentierte, dass diese rechtswidrig erlangt seien und deshalb nicht verwertet werden dürften, da sie gegen die Bestimmungen der Strafprozessordnung verstossen würden.

Die Staatsanwaltschaft hat zwar anerkannt, dass die beiden Protokolle der Einvernahmen für die Untersuchung gegen den Beschuldigten nicht verwertbar sind. Sie verfügte jedoch, dass die Unterlagen uneingeschränkt in den Akten verbleiben, um sie bei der noch laufenden Strafuntersuchung weiter verwenden zu können, falls diese auf weitere Personen ausgedehnt wird. Sie will sich also die Möglichkeit offenhalten, die Informationen aus den Protokollen gegenüber möglichen späteren Mitbeschuldigten zu verwerten. Gegen diese Verfügung hat der Mann Beschwerde am Kantonsgericht eingereicht.

Von Fall zu Fall anders

Das Kantonsgericht hält in seinem Urteil fest, dass gemäss geltender Rechtssprechung und verschiedenen Urteilen in früheren Fällen die beiden strittigen Einvernahmeprotokolle grundsätzlich aus den Strafakten zu entfernen seien. Es weist aber auch darauf hin, dass es keine klare Rechtssprechung gibt: Je nach Konstellation ist es denkbar, dass in einem Fall Beweise nur für einzelne Beschuldigte unverwertbar oder nur zugunsten des Beschuldigten verwertbar sind, während derselbe Beweis gegenüber allen anderen Mitbeschuldigten uneingeschränkt verwertbar ist.

Da das Verfahren im vorliegenden Fall noch nicht abgeschlossen ist und das Gericht keine Kenntnis hat, ob tatsächlich gegen weitere Beschuldigte ermittelt wird, empfiehlt das Gericht, die besagten Protokolle bis zum rechtskräftigen Abschluss des Verfahrens unter separatem Verschluss zu halten und danach zu vernichten. «Damit wird auch die theoretische Möglichkeit gewahrt, diese Protokolle zu einem späteren Zeitpunkt in einem anderen Verfahren trotzdem zu verwenden, falls ein allfälliger Mitbeschuldigter sie als Entlastungsbeweis anruft», heisst es im Urteil. Es gibt dem Beschwerdeführer also in diesem Punkt recht.

Passagen einschwärzen

Etwas anders sieht es das Gericht bei einem anderen Begehren des Mannes. Er hatte gefordert, dass alle Dokumente, die sich ganz oder teilweise auf die Aussagen des Beschwerdeführers als Auskunftsperson stützen, diese wiedergeben oder sich in anderer Weise darauf beziehen, umgehend aus den Akten zu entfernen seien. Da diese Unterlagen Teil des Verfahrens sind und auch ohne die Einvernahme des Beschwerdeführers zustande gekommen wären, können sie gemäss der Auffassung des Kantonsgerichts nicht einfach entfernt werden. «Der Verlauf des Verfahrens wäre sonst für eine obere Instanz nicht mehr nachvollziehbar», heisst es im Urteil. Damit dies jedoch nicht eine Hintertür sein kann, dass der Richter, der am Ende in dieser Angelegenheit ein Urteil fällen muss, bei der Entscheidungsfindung beeinflusst werden könnte, schlägt das Kantonsgericht vor, jene Textpassagen, die die Aussagen des Beschwerdeführers gegenüber der Polizei wörtlich oder sinngemäss wiedergeben, in den Strafakten einzuschwärzen. Das Gericht listet in seinem Urteil auch detailliert auf, in welchem Dokumenten und an welcher Stelle welche Passagen geschwärzt werden und welche nicht.

Hingegen beurteilt das Kantonsgericht das Begehren des Beschwerdeführers, was die Entfernung weitergehender Unterlagen betrifft, als ungerechtfertigt. Der Mann hatte unter anderem verlangt, dass auch der Bericht der Unfallversicherung, einige Schriftenwechsel, die Verfügung der Staatsanwaltschaft und sogar dieses Kantonsgerichtsurteil zu entfernen seien. In diesem Punkt weist das Gericht die Beschwerde also ab.

Da die Beschwerde unter dem Strich zum grössten Teil gutgeheissen wurde, verfügt das Kantonsgericht, dass der Staat die Kosten des Beschwerdeverfahrens von 600 Franken übernimmt und dass er eine Parteientschädigung von 1750 Franken bekommt.

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