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«Ich mag schräge Bücher, die mich fordern»

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Ein prägendes Kinderbuch sei für ihn «Der kleine Mann» von Erich Kästner gewesen, erzählt Raphael Bruggisser in der Bibliothek Schwarzenburg. «Ich habe als Kind sehr gerne Bücher von Kästner gelesen.» «Der kleine Mann» ist die Geschichte von Mäxchen Pichelsteiner, der so klein ist, dass er in einer Streichholzschachtel Platz hat. «Es ist nicht so bekannt, aber mich hat dieses Buch sehr fasziniert», sagt der 33 Jahre junge Bibliothekar, lacht und reicht das Kinderbuch mit dem farbenfrohen Umschlag der Besucherin. Es sei eine Geschichte, welche auch Erwachsene gut lesen können, so Bruggisser schmunzelnd.

Seit über fünf Jahren arbeitet Raphael Bruggisser in der Bibliothek Schwarzenburg. Diesen Sommer hat er seine Ausbildung als Bibliothekar erfolgreich abgeschlossen. Seine Passion geht klar nicht Richtung Geschichten, bei welchen der Ablauf vorhersehbar ist. «Ich mag schräge Bücher, die mich überraschen.» In seiner Wohnung in Bern habe er rund 1500 Bücher. Und diese seien nicht so schön geordnet wie jene in der Bibliothek: «Es ist das kreative Chaos und ich komme sehr gut zurecht», erzählt Bruggisser gut gelaunt. Für einen Fototermin in seiner Wohnung war er nicht zu haben: «Das müssen nicht alle sehen, es ist für mich.»

Als Knabe hätten ihn Krimis von Arthur Conan Doyle in ihren Bann gezogen, darunter natürlich die Abenteuer von Sherlock Holmes. «Die Pistole auf dem Buchrücken hat mich angezogen», erzählt Bruggisser vergnügt. Auch Sagen des klassischen Altertums hätten ihn fasziniert: «Blut, Action und Sex, es ist alles drin.»

Zur Literatur gekommen ist Raphael Bruggisser durch seinen Grossvater: «Er hatte zuhause eine schöne grosse Bibliothek.» Als er im Primarschulalter war, sei sein Grossvater leider gestorben. «Ich erbte daraufhin einen Teil seines Bücherbestands.» Darunter seien auch Bücher von Dürrenmatt, Frisch, Meienberg oder Karl Marx gewesen. Dürrenmatt habe er schon als Zwölfjähriger gerne gelesen.

Sein Grossvater sei Lehrer gewesen und in der Gewerkschaft. Bereits in den 1960er-Jahren habe er seine Dissertation über das Nazi-Gold verfasst. «Das war früh für dieses Thema», sagt Bruggisser und nimmt ein kleines Buch aus seiner Ledertasche. Es ist fast kleiner als eine Zigarettenschachtel. «Das Kommunistische Manifest von Karl Marx stammt von meinem Grossvater und hat mich sehr geprägt.» Er sei parteilos, so Bruggisser, «aber das Manifest ist immer noch aktuell, Marx hat die Mechanismen des Kapitalismus gut erkannt».

Bruggisser hat noch mehr Lieblingsbücher in seiner abgewetzten Ledertasche. Es sind ältere und neuere darunter, einige besitzen stolze Gebrauchsspuren. «Ich habe gerne kaputte Bücher», betont der junge Bibliothekar, «man darf ruhig sehen, dass sie gelesen werden.»

Bruggisser legt ein Buch des Schriftstellers Vladimir Sorokin auf den Tisch. «Es ist eines jener Bücher, welche Putin verbrennen liess.» Sorokin gilt als Konzeptualist der russischen Literatur und war in der Vergangenheit heftigen Angriffen von regierungsnahen politischen Organisationen ausgesetzt. «Die Bildsprache Sorokins ist gewaltig – und manchmal auch gewalttätig.»

Lyrik von Brecht

Viele Bücher funktionierten nach einem Prinzip, «ich lese weniger Bücher der Bestsellerliste». Ein Buch müsse ihn fordern und dürfe durchaus aus dem Rahmen fallen. In den Büchern könne es ein Satz sein, der ihn berührt. Bruggisser nimmt Bertolt Brechts Theaterstück «Die Gewehre der Frau Carrar» hervor. Zu Lebzeiten Brechts war es eines seiner am häufigsten gespielten Stücke. Die Uraufführung fand am 16. Oktober 1937 in Paris statt. «Ich mag auch die Lyrik von Brecht», so Bruggisser.

Schräge, wilde und surreale Kurzgeschichten von Russell Edson gehören auch zum Lesefutter Bruggissers. «Er schreibt kompromisslos und so dicht, als wäre es ein Gedicht.» Marie-Jeanne Urech sei eine Schweizer Schriftstellerin, die ihn fasziniere, sagt Bruggisser und nimmt das Buch «Requisiten für das Paradies» hervor. Der Originaltitel lautet «Des Accessoires pour le paradis». «Marie-Jeanne Urech hat eine wunderschöne Sprache mit grossen Metaphern, sie ist humorvoll und gesellschaftskritisch. Ich erwarte noch mehr von dieser Schriftstellerin», sagt Bruggisser.

Selber zu schreiben ist für Bruggisser kein Thema, mit einer Ausnahme: «Ich spiele Bass in einer Band und schreibe auch Songtexte.» Etwas zu sagen zu haben, helfe beim Rock, sagt der Bibliothekar und lacht. Die Musik sei für ihn ein schöner Ausgleich zu den Büchern und komme nicht von ungefähr: Seine Mutter sei Musikwissenschaftlerin. Mit ihr habe er bereits als Kind Zugang zur Stiftungsbibliothek in St. Gallen erhalten. «Dort hatte es auch eine Mumie», erzählt Bruggisser, «für mich war es ein magischer Ort.» Seine Eltern seien gute Leser, «wir tauschen uns auch heute noch aus, vor allem wenn es um Fachliteratur geht».

Leichte Kost ist nichts für den Schwarzenburger Bibliothekar: Wenn er Zeit habe, wolle er an «Ulysses» von James Joyce weiterlesen, «bei diesem Buch muss man einen Satz halt vielleicht zweimal lesen». Dafür habe man etwas davon, «es bringt einen auch auf neue Ideen, neue Vorstellungen oder ungewohnte Perspektiven». Es gehe darum, das Weltbild zu hinterfragen. «Das fasziniert mich.»

Für Jeden das Richtige

«Es gibt für jeden Menschen das richtige Buch», ist Bruggisser überzeugt. «Ich berate die Leute gerne in der Bibliothek.» Einmal hätte der Wunsch einer jungen Bibliotheksbesucherin kaum klarer sein können: «Sie wollte einfach ein rotes Buch.»

Bibliothek Schwarzenburg

Rund 15 000 digitale Medien sind verfügbar

Wer das dicke spannende Buch nicht in die Ferien mitschleppen will, kann auf E-Books ausweichen. Die Bibliothek Schwarzenburg hat sich dafür mit öffentlichen Bibliotheken im Kanton Bern vernetzt. Damit kann die Gemeinde- und Schulbibliothek ein vielfältiges E-Book-Angebot bereitstellen, welches jederzeit und von der ganzen Welt aus verfügbar ist. Zurzeit sind über 15 000 Medien ausleihbar. Wer das Buch bevorzugt, kann es sich damit auch in den Leseecken der Bibliothek gemütlich machen.

emu

Öffnungszeiten: Dienstag 14 bis 20 Uhr; Mittwoch bis Freitag 14 bis 18.30 Uhr; Samstag 9 bis 14 Uhr. Während der Berner Schulferien gelten spezielle Öffnungszeiten. Weitere Infos: www.bibliothekschwarzenburg.ch

Zur Person

Theater und Philosophie

Raphael Bruggisser stammt ursprünglich aus St. Gallen. Er besuchte das Gymnasium und studierte Theaterwissenschaften und Philosophie. Diesen Sommer schloss er die Ausbildung zum Bibliothekar erfolgreich ab. Der 33-Jährige arbeitet in der Bibliothek in Schwarzenburg und lebt in Bern. Er ist ledig und hat keine Kinder.

emu

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