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«Wir sind Aussenseiter»

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«Wir sind Aussenseiter»

Autor: Nicole jegerlehner

2000 Unterschriften sind in Riaz bis gestern zusammengekommen. Die Signierenden wehren sich gegen einen Durchgangsplatz für Fahrende, der «in genau 110 Metern Abstand zu Wohnhäusern» entstehen soll, wie François Charrière sagt. Er ist Gemeinderat von Riaz – und zurzeit der Wortführer der Opposition gegen das Projekt. Staatsrat Georges Godel hat den Standort in Bulle, gleich an der Gemeindegrenze zu Riaz, genannt. Seither wehrt sich Charrière auch als Privatperson dagegen. «Die Fahrenden würden unser Quartier mit Lärm stören, den Wald hinter der Parzelle als Toilette missbrauchen und wohl auch das private Schwimmbad im Quartier besetzen.»

Distanz zu Wohnhäusern

Die Petition verlangt, dass «ein geeigneterer Standort» für den Durchgangsplatz gesucht wird. Klar ist für Charrière, dass Bulle kein geeigneter Standort ist. «Die Arbeitsgruppe der Oberamtmänner hat drei Kriterien für einen geeigneten Standort aufgeführt», sagt Charrière: Nähe zur Polizei, Distanz zu Wohnhäusern, Distanz zum Gewerbe. «Die von Godel vorgesehene Parzelle entspricht dem in keinem einzigen Punkt.» So fürchteten die Gewerbetreibenden Diebstähle in ihren Depots.

«Sie kommen trotzdem»

Staatsrat Georges Godel sagt, er verstehe die Reaktion der Betroffenen. «Aber wenn wir nichts machen, kommen die Fahrenden trotzdem – nur dass wir dann nicht wissen, wo sie campieren.» Denn bisher gibt es im ganzen Kantonsgebiet keinen einzigen Durchgangsplatz, so dass die Fahrenden immer wieder wild Halt machen. Godel betont, dass noch nicht einmal abgeklärt sei, ob der Platz in Bulle bei Riaz technisch als Durchgangsplatz geeignet sei. «Der Weg hin zum Platz wird aber sicher nicht durch Wohngebiet führen – und der Platz liegt 200 Meter von den Wohnhäusern entfernt.» Der Vorteil der Parzelle: Sie gehört dem Kanton, so dass langwierige Verhandlungen mit privaten Besitzern entfallen. «Im Greyerzbezirk ist es unmöglich, eine Parzelle in der Nähe der Polizei zu finden», fügt Godel an.

«Nicht gegen Fahrende»

Auch in Granges-Paccot soll ein Durchgangsplatz entstehen. «Wir sind nicht gegen die Fahrenden, wir sind nur dagegen, dass in unserer Gemeinde ein Durchgangsplatz eingerichtet wird»: René Schneuwly, Ammann der Freiburger Vorortsgemeinde, stellt dies gleich zu Beginn des Gesprächs klar. Der gesamte Gemeinderat wehrt sich gegen die Pläne des Staatsrates, einen Durchgangsplatz beim Conforama einzurichten. «Wir repräsentieren die Meinung der Bevölkerung und des Gewerbes», sagt Schneuwly. Vor allem die Gewerbler rund um das Conforama und in Agy wehrten sich gegen einen Durchgangsplatz. «Die Fahrenden verkaufen Teppiche, so wie viele Geschäfte in diesem Gebiet», sagt Schneuwly – und lässt durchblicken, dass die Fahrenden Teppiche minderer Qualität zu überhöhten Preisen anböten.

«Ist ein Ruheplatz»

«Sind die Fahrenden da, müssen die Gewerbetreibenden ihre Sicherheitsvorkehrungen verstärken», sagt Schneuwly. Mit einem ständigen Durchgangsplatz würden Fahrende noch öfter Halt in Granges-Paccot machen – was die Sicherheitskosten in die Höhe treiben würde. «Einzelne Gewerbetreibende haben gesagt, dass sie das Gebiet verlassen, wenn der Platz gebaut wird.» Laut Schneuwly gehört ein Durchgangsplatz nicht in Stadtnähe. «Das ist ein Ruheplatz, damit Fahrende sich unterwegs ausruhen können – dazu müssen sie sich nicht in der Agglomeration aufhalten.»

«Auf Goodwill angewiesen»

Dem widerspricht Urs Glaus, Geschäftsführer der Stiftung «Zukunft für Schweizer Fahrende», welche der Bund 1997 ins Leben gerufen hat. «Durchgangsplätze sind das Gegenteil von Ruheplätzen: Dort arbeiten die Fahrenden.» Schweizer Fahrende seien Recycling- und Antiquitätenhändler; die Schleifer schliffen nicht mehr Messer und Scheren, sondern Büromaschinen wie Aktenvernichter. «Die Schweizer Fahrenden, die für den Halt auf den Durchgangsplätzen Miete bezahlen, halten sich an hiesige Sitten und Gebräuche», sagt Glaus (siehe auch nebenstehendes Interview): «Sie sind auf den Goodwill der Bevölkerung angewiesen.»

Glaus betont, dass Gemeinden, die bereits einen Durchgangsplatz eingerichtet haben, durchwegs gute Erfahrungen gemacht haben. «Fahrende haben spielende Kinder und auch Hunde – einen wirklich störenden Lärm produzieren sie aber nicht.» Und wenn der Lärm einmal zu gross werde, könnten die Nachbarn die Polizei informieren.

Die Toilette der Sesshaften

«Vorurteile gegen Fahrende sind eine alte Sache»: Robert Huber, Präsident der Radgenossenschaft, seufzt am Telefon. Die Radgenossenschaft ist die Dachorganisation der Jenischen der Schweiz. Das Thema sei immmer wieder verdrängt worden, so dass sesshafte Schweizerinnen und Schweizer die Fahrenden gar nicht kennten. «Wir sind Aussenseiter.» Er wird immer wieder mit Vorurteilen konfrontiert – beispielsweise damit, dass die Fahrenden keine Toiletten benutzten. «Wenn ich auf einer Autobahnraststätte halte und die Toilette benutzen will, sehe ich, wie sie aussieht, wenn die zu 98 Prozent sesshaften Autofahrer dort waren.»

Huber will nicht auf die Diskussion eintreten, ob sich ausländische Fahrende anders verhalten als Schweizer. Er sagt nur: «Wir Schweizer gehen mit gutem Beispiel voran und rufen die ausländischen Fahrenden dazu auf, sich an den hiesigen Regeln zu orientieren.»

«Wie auf jeder Baustelle»

Er wünscht sich und allen Fahrenden mehr Durchgangs- und Standplätze: «Das würde unsere Arbeitsbedingungen erleichtern und das wilde Halten in normale Bahnen lenken», sagt Robert Huber. Auf einem Durchgangsplatz brauche es «WC, Strom und Wasser – wie auf jeder Baustelle auch».

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